Chronisch verspannt - wie sich innere Belastung im Pferdekörper zeigt
- Lisa Winkler
- 23. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Vielleicht kennst du ja diese Situationen:
Du möchtest nur entspannt reiten, aber dein Pferd kann einfach nicht losgelassen laufen
Putzen und Satteln ist jedes Mal ein Streit mit deinem Pferd
Du siehst einfach keinen Erfolg in deinem Training
Trotz Behandlung ist dein Pferd immer wieder verspannt
Als Fluchttiere können Pferde mit stressigen Situationen gut umgehen – solange sie danach wieder zur Ruhe kommen. Das Problem entsteht dann, wenn es nicht zur Entspannung kommt, sondern das Nervensystem dauerhaft „auf Empfang“ bleibt. Dann hat das Auswirkungen, die sich nicht nur im Verhalten, sondern auch im Körper zeigen.
In diesem Beitrag geht es darum, wie das vegetative Nervensystem deines Pferdes auf dauerhafte Belastung reagiert – und woran du erkennst, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Kurz erklärt: das vegetative Nervensystem
Das vegetative Nervensystem steuert alle automatischen Körperfunktionen – z. B. Atmung, Verdauung, Muskelspannung, Herzfrequenz. Es besteht aus zwei Teilen:
Sympathikus → aktiviert den Körper (z. B. bei Aufregung, Bewegung, Fluchtreaktionen)
Parasympathikus → sorgt für Regeneration, Entspannung, Verarbeitung
Normalerweise wechselt der Körper zwischen diesen Zuständen hin und her – je nach Situation.
Bei chronischem Stress bleibt dieser Wechsel jedoch aus. Das Pferd bleibt im sogenannten Sympathikus-Dauerzustand, also im inneren „Bereitschaftsmodus“.
Was passiert, wenn das zu lange anhält?
Wenn das Pferd über Wochen oder Monate nicht richtig zur Ruhe kommt, wirkt sich das auf den ganzen Körper aus:
Muskeln bleiben auf Spannung – vor allem im Hals, Rücken und Becken
Faszien werden unelastisch – das Pferd wirkt steifer oder empfindlicher
Die Verdauung wird schlechter reguliert – z. B. Magengeschwüre, Kotwasser oder Spannungsbauch
Heilungsprozesse verlangsamen sich – Muskelaufbau stockt, kleine Probleme bleiben „hängen“
Atmung wird flacher – weniger Bewegung im Brustkorb, Pferd wirkt „festgehalten“
Lernprozesse funktionieren nicht richtig - dein Training wirkt nicht
Diese körperlichen Folgen sind nicht sofort dramatisch – aber sie summieren sich und können langfristig zu Bewegungseinschränkungen, Schmerzen oder Verhaltensänderungen führen.
Woran du erkennst, ob dein Pferd gestresst ist
Viele Pferdebesitzer haben das Gefühl, dass etwas nicht stimmt – obwohl auf den ersten Blick alles in Ordnung scheint. Das Pferd lahmt nicht, frisst normal, wirkt ruhig. Und trotzdem fühlt sich etwas „komisch“ an. Genau hier lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen.
Wenn das vegetative Nervensystem über längere Zeit im Alarmmodus bleibt, zeigt sich das oft in kleinen körperlichen oder verhaltensbezogenen Veränderungen. Manche davon fallen sofort auf, andere erst, wenn man bewusst darauf achtet.
Körperlich sind es häufig wiederkehrende Verspannungen, die sich trotz gutem Training oder passender Ausrüstung nicht dauerhaft lösen. Oder es ist eine übermäßige Empfindlichkeit beim Putzen und Satteln, eine dauerhaft angespannte Kaumuskulatur oder eingeschränkte Beweglichkeit, obwohl eigentlich „alles passt“. Auch Berührungsempfindlichkeit ohne erkennbare Schmerzursache kann ein Hinweis sein.
Im Verhalten zeigen sich chronische Anspannungen oft eher subtil: Ein Pferd, das sonst gelassen war, reagiert plötzlich schreckhafter. Oder es zieht sich zurück, wird still, macht nur noch mit, ohne echten Ausdruck. Manche Pferde wirken im Alltag unruhig, zappelig oder leicht reizbar – besonders in Momenten, in denen eigentlich nichts los ist.
All diese Anzeichen bedeuten nicht automatisch, dass das Pferd krank ist. Aber sie können darauf hindeuten, dass das Nervensystem gerade nicht optimal reguliert ist – und dass Körper und Verhalten bereits Signale senden, lange bevor ein echtes Problem entsteht.
Was du tun kannst
Du musst kein Experte sein, um erste Anzeichen wahrzunehmen. Oft hilft es schon, die Perspektive zu wechseln und genauer hinzuschauen – nicht nur im Training, sondern im Alltag.
Wie verhält sich dein Pferd mit anderen Pferden?
Wie reagiert es auf deine Nähe oder Berührung?
Wirkt es in alltäglichen Situationen eher entspannt oder „unter Strom“?
Wenn du bei mehreren dieser Fragen ins Grübeln kommst, kann es sinnvoll sein, dir Unterstützung zu holen – viele ganzheitlich arbeitenden Therapeuten können dich dabei unterstützen, dein Pferd wieder zurück zur Entspannung zu bringen. Eventuell hast du selbst auch schon eine Idee, was deinem Pferd im Alltag den meisten Stress bereitet und kannst schon mit ein paar Veränderungen viel bewirken:
deinem Pferd mehr Bewegung oder mehr Pause bieten
für passende soziale Gruppen sorgen
dein eigenes Stresslevel reduzieren
Sanfte Berührungen, achtsames Putzen, Akupressur
Dauerhafte Anspannung im Nervensystem zeigt sich nicht immer sofort, aber sie hinterlässt Spuren – im Gewebe, in der Bewegung, im Verhalten. Wenn du weißt, worauf du achten kannst, lassen sich viele Probleme früh erkennen und gezielt begleiten – bevor sie chronisch oder kompensatorisch werden.
Die gute Nachricht: Pferde sind sehr anpassungsfähig. Sobald sie wieder in sichere, klar regulierte Zustände kommen, reagiert auch der Körper – mit Loslassen, freierer Bewegung und mehr Ausdruck.
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